
Die deutsche Erstausgabe dieses heiter-klugen Romans stammt aus dem Jahr 1932 und ist in der Hogharth Press von Leonard und Virginia Woolf erschienen. Die Autorin Julia Strachey war 31 Jahre alt und zum ersten Mal geschieden. Sie wusste also, wohin das falsche Ja-Wort führen und dass der schönste Tag im Leben ein ziemliches Desaster sein kann. Wie wahr! Auch heute noch. Die literarische Entdeckung ist jetzt im Dörlemann Verlag erschienen und amüsiert bei jedem Wetter.
Am Ende telefoniert die Brautmutter fröhlich mit einer Freundin, die zur Hochzeit nicht hatte kommen können (aber einen monströsen selbst gemachten Lampenschirm als Geschenk geschickt hatte): „Es hätte gar nicht besser laufen können!“ Sie behauptet, das Wetter sei wunderbar gewesen, der Lampenschirm ebenso wunderbar und überhaupt hätten alle so hübsch ausgesehen. Nachdem man gerade gelesen hat, dass die Braut sich mit einer Flasche Rum über die offensichtlich falsche Wahl versucht hatte zu trösten, ihr weißes Kleid vor der Trauung einen Fleck hatte und der junge Mann, der eigentlich der Richtige gewesen wäre, sich nicht getraut hatte, die Zeremonie zu verhindern, ist das eine seltsame Zusammenfassung dieses stürmischen, kalten 5. März an der Küste von Dorset.
Der schönste Tag im Leben ist es jedenfalls nicht: Die dreiundzwanzigjährige Dolly Thatcham heiratet ihren netten, aber langweiligen Verlobten, mit dem sie nach Südamerika ziehen wird, weit weg von den Schwestern und Freundinnen. Eine leidenschaftliche Liebesheirat ist das nicht, das wird rasch deutlich. Und nicht erst, als sich Dolly mit der Flasche Rum über ihren eher trostlosen Zustand versucht hinwegzutrösten. Zur Hochzeit gekommen ist nämlich auch ihre letztjährige Sommerliebe. Die Braut sinnt darüber nach, ob sie mit ihm fliehen würde. Aber es kommt zu keiner Entscheidung, er hilft ihr nur den schwarzen Fleck auf ihrem Kleid kurz vor der Trauung mit einem Schal abzudecken. Und kommt zu dem bitteren Schluss:
Es ist besser, geliebt und verloren zu haben, als gar nicht geliebt zu haben.
Spätestens da weiß die Leserin, dass die Braut mit ihm auch nicht besser dran gewesen wäre.
In diesem bösen und beobachtungsstarken Roman geht es nicht allein um die Gefühle und Ängste der Braut, vor allem beschreibt Strachey auch die verschrobene Familie und die merkwürdigen Freunde, die sich für diesen Tag versammelt haben, das Essen, das Geschirr sind ebenso zentral wie die Vorbereitung der Braut:
Die ganze Toilette wurde so durchgeführt, wie ein abgerichteter, aufrecht sitzender Elefant im Zirkusring Toilette machen würde – lustlos, unbeholfen, als wären ihre Arme bleichschwer.
Im Nachwort erinnert sich die Freundin der Autorin an deren gescheiterte Ehen und Affären. Julia Strachey war eine schöne und selbstbewusste Frau, die kein ordentliches Frauen- und schon gar kein Ehefrauenleben führen wollte.
Dank an Manuela Reichart (adaptiert, Originalbeitrag auf rbb)
- Julia Strachey: Heiteres Wetter zur Hochzeit. Roman aus dem Englischen von Nicole Seifert, mit einem Nachwort von Frances Patridge. Zürich: Dörlemann Verlag 2021. 160 Seiten, Leinen. 18 Euro (D). E-Book 13,99 Euro