Verlag auf dem Ruffel (1)

Neulich war ich zum Kaffeetrinken eingeladen. Eine Freundin hatte ein Buch dabei, von einem Autor, von dem ich noch nie gehört hatte, aus einem mir unbekannten Verlag. Es machte einen guten Eindruck. Ich habe nachgesehen, was der Verlag sonst noch so veröffentlicht hat und habe eine kleine Auswahl für den Hotlistblog getroffen. Der Verlag heißt Verlag auf dem Ruffel, und das Buch, das ich in Händen hielt, hatte den Titel Zagreb und stammt von Arturo Robertazzi. / mr

Auf seiner Website stellt sich der Verlag kurz vor:

„Der Verlag auf dem Ruffel steht für Mittelmeerliteratur, für hochwertige Übersetzungen, für Vielsprachigkeit, Multikulturalität und liebevoll gestaltete Ausgaben.
Mit einer kleinen Außenstelle in Istanbul gilt dies in Zukunft auch auf Türkisch!
Der Verlag auf dem Ruffel ist stolz darauf, neben seinen deutschen Romanen Literatur aus vier weiteren Sprachen – Türkisch, Italienisch, Griechisch, Hebräisch – im Programm zu haben. Vornehmlich stehen bei uns zeitgenössische Texte in aktueller Übersetzung im Fokus.“

Verlag auf dem Ruffel, Zagreb

Arturo Robertazzi, Zagreb

„“Es war ein schöner Morgen. Wir machten vier Leute kalt.“ – Die Geschichte spielt sich in einer halb zerstörten Fabrik ab, wo mehrere Männer ein Gefängnis eingerichtet haben und andere Menschen – Männer, Frauen, Kinder – festhalten und umbringen. Wir befinden uns im östlichen Europa, im Krieg. Zwischen Tod und Zerstörung treffen sich zwei ehemalige Freunde aufeinander, die sich nun als Feinde gegenüberstehen. Der Protagonist und Ich-Erzähler gehört im Moment zu den Stärkeren, zu denen, die töten. Wie soll er sich verhalten? Kann er seinen Freund retten? Hat er überhaupt eine Wahl? Denn eins versteht man schnell: Täter und Opfer werden durch die Umstände in ihre Rollen gezwungen, sind letztlich fast austauschbar. Zagreb ist eine Geschichte über den Balkankonflikt, aber vor allem geht es um die Grausamkeit und die Willkür des Krieges an sich, egal, wo er stattfindet, egal, wer gegen wen kämpft. Die Sprache des Romans ist plakativ und oft brutal wie sein Gegenstand. Dazwischen erscheinen die Einschübe aus der Vergangenheit wie zarte Poesie. Zagreb ist ein Konflikt – zerrissen wie sein Protagonist.“
(Text: Verlag auf dem Ruffel)

Hier eine Leseprobe.

Verlag auf dem Ruffel, Großmutter
Fethiye Çetin, Meine Großmutter

„Eines Tages sagt der Autorin, einer jungen Anwältin, ihre heißgeliebte Großmutter: „Finde bitte meine Verwandten, die in Amerika leben.“ Damit beginnt sich ein Familiengeheimnis zu lüften, das das Geheimnis vieler Menschen in der Türkei ist, vor allem vieler Frauen: Sie haben armenische Vorfahren, die sie seit dem Ersten Weltkrieg nicht mehr gesehen haben, die sie seitdem verleugnet haben, weil die junge Türkei […] entschieden auf Homogenität und nicht auf Vielfalt setzte, und weil sie die Vertreibung und Ermordung der Armenier 1915/16 verschwieg.
Damals konnten etliche junge Menschen die Deportation und die Massaker überleben, wenn sie von türkischen und kurdischen Familien adoptiert wurden.

In einer anrührenden und aufwühlen­den Weise erzählt Çetin die Geschichte ihrer Großmutter als kleine Enkelin, als ahnungslose Heranwachsende und als reife Frau, die gegen das Verdrängen ankämpft und damit einen wichtigen Beitrag auch zur innertürkischen Diskussion leistet, die seit wenigen Jahren in noch nie dagewesener Offenheit geführt wird.“
(Text: Verlag auf dem Ruffel)

  • Arturo Robertazzi, Zagreb. Roman. Aus dem Italienischen von Adriana Enslin. Deutsche Erstausgabe. 146 Seiten, Hardcover. Verlag auf dem Ruffel, Engelschoff 2013. 14,80 Euro
  • Fethiye Çetin, Meine Großmutter. Erinnerungen. Aus dem Türkischen von Christina Tremmel-Turan und Tevfik Turan. Deutsche Erstausgabe. 120 Seiten, Hardcover. Verlag auf dem Ruffel, Engelschoff o. J. 13,80 Euro – 2. Auflage 2014 in Vorbereitung

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