Plädoyer für das schönere Reisebuch

Plädoyer für das schönere Reisebuch

Wir haben einen Reisebuchverlag gegründet, den Reisedepeschen Verlag. Wir wollen besonders schöne Bücher machen, rundherum. Warum? Ein Plädoyer.

Das Medium ist wichtig

In meiner Jugend kam das Internet, und ich bin seitdem ein großer Fan von den Möglichkeiten, die es mit sich bringt. Dass ich Reiseblogger wurde, mein Lebensstil als Selbstständiger, ohne Chef, oft in fernen Ländern, all das hat sich aus glücklichen Momenten ergeben, und auf der Grundlage dieser Technik. Alles online, virtuell, 1 und 0.
Ich war lange überzeugt, dass es keine Zukunft für gedruckte Bücher geben kann. Dass die technische Entwicklung sie bald beerdigen würde, adieu, Medium der Vergangenheit.
Wie ich mich irrte.
2016 durfte ich eigene Erinnerungen und die Geschichten anderer Blogger in The Travel Episodes zusammenbringen (mittlerweile vier Bände). Die fast gleichen Beiträge, die man auch online lesen konnte – aber lektoriert und auf Papier gedruckt. Und auch wenn ich in der Umsetzung nicht alles so machen konnte, wie ich es gerne wollte, merkte ich leicht überrascht: Das ist richtig schön!
Viele Geschichten gewannen ungemein, wie von Zauberhand. Ich hatte viel mehr Spaß, sie zu lesen. Erinnerte mich besser an die Inhalte. Ohne Ablenkung. Nur Lesen und Umblättern.
Erste Erkenntnis: Das Medium spielt eine Rolle, nicht nur der Inhalt. Es gibt – trotz und wegen der unbestreitbaren Möglichkeiten des Internets – Dinge, die besser in einem Buch aufgehoben sind.

Über Beständigkeit

„Was bleibt?“, dachte ich schon oft (etwa in diesem Beitrag, anno 2013). Von all dem, womit ich mich tagtäglich beschäftige, was mir an „Stories“ im Internet vor die Augen geblättert wird, was ich selbst hinausposaune, auf Facebook, auf Instagram, ja, auch was auf einem Blog veröffentlicht wird. Was davon wird länger bestehen bleiben als diesen kurzen Augenblick, bevor es im Strom weggespült wird? Was wird noch zu finden sein, in ein paar Jahren, wenn WordPress so modern ist wie heute MS DOS?
Wenn man ehrlich ist, denke ich, nicht viel. (Außer den peinlichen Partyfotos, die vergisst das Internet tatsächlich nicht.)
Digitales vergeht so schnell, dass es mir beinahe unheimlich ist. Und bei vielen Inhalten ist das vielleicht auch ganz gut. Wenn man sich aber die Mühe macht, etwas in die analoge Welt zu bringen, hat es die Chance auf eine gewisse Beständigkeit.
Zweite Erkenntnis: Die Beständigkeit des Buches befreit sie vom steten Zwang der technischen Weiterentwicklung (a.k.a. Update) und bewahrt sie vor dem digitalen Vergessen.

Verbindlichkeit und Wert

Doch das war nicht das Einzige, was mir an unseren Büchern gefiel. Aus dem Strom gegriffen, bekamen die Geschichten im Buch etwas Verbindliches – wie ein Vertrag, der unterzeichnet wird, oder eine Urkunde –, jetzt waren sie da, schwarz auf weiß, unveränderbar, viel mehr, als ein Blogartikel es je sein kann. Für mich wurden sie dadurch bedeutsamer.
Und Bedeutung ist essenziell! Viel zu viel meiner Zeit vertreibe ich mit Ablenkung, banalen Späßen, flüchtigen Momenten ohne Relevanz. Gehaltvolle Ideen gehören in ein Buch, denn erst da können sie richtig wirken. Und gute Ideen machen zufrieden.
Dritte Erkenntnis: Die Verbindlichkeit eines Buches macht gute Ideen und Geschichten bedeutsamer und wirkungsvoller.

Gutes Handwerk und große Kunst

Etwas Schönes sehen, ja, besser noch: berühren. Die Liebe fühlen, die andere hineingelegt haben. Das man mit eigenen Erlebnissen füllen kann. Es gibt eine Dimension in Dingen, die über das Praktische hinausgehen.
Egal, ob man Oldtimer liebt oder Blumen, Gemälde oder schöne Bücher: Es liegt eine große Befriedigung darin, besonders gut Gelungenes zu erleben.
Mögen noch so viele Lifestyle-Berater predigen, dass es notwendig ist, auf alles Materielle zu verzichten (bis auf die lebensnotwendige Apple-Ausrüstung zum Podcast- und E-Book-Konsum und die DKB-Kreditkarte, natürlich) – ich halte dies für eine ebenso platte Idee wie den Gedanken, dass der Besitz eines beliebigen Objekts mich glücklich machen kann. Nein, sicher nicht.
Kein Ding kann mir Lebensglück bringen – doch Freude kann ich daran haben. So geht es mir mit schönen Büchern, wo mit viel Liebe zum Detail gearbeitet wurde.
Vierte Erkenntnis: Wenn etwas Schönes entsteht, durch Sachverstand und Liebe, schenkt das allen, Kreativen wie Besitzenden, Freude.

Eine Welt entsteht

Ihr seht, ich mag Bücher. So sehr, dass ich, wenn ich durch die Reisebuchabteilung flaniere, missmutig werde. Ich finde, dass viele Bücher dieses Genres zu wenig Liebe bekommen, zu wenig neue Ideen gewagt werden und zu wenig Mühe in die Gestaltung gesteckt wird.
Wir möchten es anders machen. Gemeinsam mit Autoren, Bloggern, Designern und Abenteurern. Menschen wie uns, die ihr Herzblut in etwas stecken, ihre Leidenschaft, so lange, bis es richtig gut ist.

Johannes Klaus

(Foto der Verleger: Johannes Klaus und Marianna Hillmer)

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