Hotlist – Wieser Verlag

Spezialisten und Brückenbauer am Werk. Der Wieser Verlag, gegründet 1987 von dem Kärtner Slowenen Lojze Wieser in Klagenfurt, sorgt mit Beharrlichkeit und Spürsinn für ein zu „erlesendes Europa“ in all seiner Vielstimmigkeit. Der Dreißiger wurde bereits gebührend gefeiert. Neben mehreren Hundert Übersetzungen aus dem ost- und südosteuropäischen Raum sowie aus dem Slowenischen steht Wieser auch für die Enzyklopädie des europäischen Ostens und seine Erfolgsserie für europäische Welt- und Kulturreisende Europa erlesen, deren derzeit zweihundert Bände von Lappland über den Lago Maggiore bis in die Krim reichen.

Mit dem in den Medien als „Monumentalroman“ bezeichneten, erstmals aus dem Kroatischen ins Deutsche übersetzten fünfbändigen Werk Die Fahnen von Miroslav Krleža steht der Wieser Verlag auf der Hotlist 2017. „Der Sartre des Balkans, wie er auch genannt wurde, der enzyklopädische Geist ist bis heute Wegweiser der Literatur Südosteuropas. Miroslav Krleža (1893–1981) wurde in Zagreb geboren, wo er auch einen Großteil seines Lebens verbrachte. Er fühlte sich in allen europäischen Literaturen zuhause.“ Eine lesenwerte Rezension der Fahnen finden Sie hier.

 

Interview mit Erika Hornbogner, Verlegerin/Verlagsleiterin der Verlage Drava und Wieser

Warum haben Sie sich bei der Einreichung für das epochale Werk Die Fahnen von  Miroslav Krleža entschieden?

Ein Jahrhundert vor unserem literarischen Auge. Das epochale Werk – geschrieben in den Jahren 1962–1968 – des Meisters der Erzählung Südosteuropas, liegt erstmals, 40 Jahre nach der Veröffentlichung 1978, in einer mustergültigen, gewissenhaften Übersetzung von Gero Fischer und Silvija Hinzmann vor. Das schreiben die Medien und wir freuen uns sehr. Aber es bedeutete auch fast 10 Jahre harter Arbeit und verlangte von allen ein Durchhaltevermögen.
Die Fahnen zeigen ein Kaleidoskop der europäischen Geistes- und Kulturgeschichte aus einer bisher nicht oder kaum gekannten antemuralen Perspektive, das Krleža zu einem großen europäischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts macht.
Die beiden Übersetzer haben Großes geleistet und durch diese Nominierung wird ihnen, dem Werk und dem Verlag gegenüber eine große Wertschätzung ausgedrückt.

Was ist das Besondere an Ihrem Verlagsprogramm, an Ihrer Philosophie?

Seit über dreieinhalb Jahrzehnten baut der Verleger Lojze Wieser Brücken zwischen Ost und West. „Europa“, schreibt er, „kann nur erlesen werden: Buch für Buch, nicht Krieg um Krieg.“ Wieser, zweisprachig an der Scheidelinie zwischen Ost und West in Kärnten aufgewachsen, weiß, wovon er redet, und er ist unter anderem Verleger geworden, um Literaturen beharrlich und systematisch Sprache zu geben, die bisher in unseren Breiten wenig Gehör gefunden haben

Was bedeutet für Sie unabhängiges Verlegen? Darf es weitergehen wie bisher?

Literatur ist Investition in die Zukunft, durch sie wird Hoffnung immer wieder neu definiert. Bücher zu machen, die die Menschen lesen sollen und nicht die, die sie lesen wollen, wie das Klaus Wagenbach immer auszudrücken pflegt, ist unser Ding/Ziel. Damit betritt man aber immer wieder ein risikoreiches Minengebiet, weil der Aufwand kaum im Verhältnis zum kurzfristigen Ergebnis stehen kann. Geht es doch darum, dass das Gute durchgesetzt werden muss, das Falsche, wie wir es heute um uns herum brodelnd miterleben können, kommt von alleine! So, wie es bisher war, bleibt es nicht, auch wenn genügend damit beschäftigt sind, uns allen Steine in den Weg zu legen, Stichwort: VG Wort. Es sind harte Zeiten, auf die wir zugehen. „Aber die Gesellschaft und ihre Zukunft werden an Literaturen und Sprachen, an Bildung und Forschung und Kunst und Kultur erneuert werden, oder sie werden untergehen“, schreibt Verleger Lojze Wieser in seinem zuletzt erschienenen Buch Im dreißigsten Jahr. Weitere Anmerkungen eines Grenzverlegers.

Danke an Erika Hornbogner für das Gespräch! Wir wünschen dem Verlag weiterhin viel Erfolg.

  • Miroslav Krleža: Die Fahnen. Aus dem Kroatischen von Silvija Hinzmann und Gero Fischer. Roman. 2300 Seiten. 5 Bände gebunden im Schuber. 75 Euro

Homepage des Wieser Verlags

 

Senta Wagner

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