APHAIA Verlag

30 Bücher stehen in diesem Jahr wieder bei der Jury und einer Internetabstimmung zur Wahl und können auf die Hotlist 2023 gelangen. In Kooperation mit Literaturblogs, die zum Glück ein großes Herz für die unabhängigen Verlage haben, stellt unser Magazin alle Kandidatenbücher vor

Diesmal von @andrea.liestundliest

über:

APHAIA Verlag
Agnes Gerstenberg: Unberührt


„Unberührt“, aber immer mit dem Bedürfnis, andere zu berühren. Das ist das tragische Los der Protagonistin Josy in @agnes_autorin ’s Roman.
Schon als Kind fiel sie dadurch auf, dass sie Kontakt über Berührung suchte, wildfremde Menschen einfach anfasste. Sie brachte ihre Mutter dadurch in Verlegenheit und Erklärungsnöte. Schnell war sie zur Außenseiterin gestempelt, hatte außer Anna kaum Freund*innen.
Ihre Mutter ist zunehmend überfordert, einzig ihr Bruder Valentin schafft es, zu ihr durchzudringen.
Als Josy älter wird, die anderen Mädchen erste Freunde haben, erste sexuelle Erfahrungen sammeln, versucht sie es zwar auch mit Jungs, Küssen, intimen Berührungen, aber sie fühlt dabei nichts und ist schließlich mit 22 Jahren immer noch „unberührt“.
„Menschen leben in Beziehungen. Und zwar immer und überall. Je mehr ich versuchte, das zu verdrängen, desto öfter begegnete es mir. Sie nannten es Liebe und Sehnsucht und Sex. Die Menschen. War es vorhanden, wurde davon geschwärmt und wenn es fehlte, stark vermisst. Sie waren glücklich oder litten deswegen. Die Menschen. Als wäre es das Elementarste im Leben, wie die Luft zum Atmen.“ S.79
Dann trifft sie im Waschsalon auf Robert und sie fühlt das erste Mal mehr. Als sie ihn auf einer Party wiedertrifft, kommt es zu einer Tragödie. Robert stürzt aus dem Fenster und ist sofort tot.
Wurde er gestoßen oder sprang er?
Schnell glaubt man, in Josy die Schuldige gefunden zu haben. Aber Josy geht der Sache auf ihre Weise auf den Grund und dringt dabei immer tiefer ein in ihr eigenes Ich.
Agnes Gerstenberg hat den Roman sehr geschickt aufgebaut. Wir hören in wechselnder Folge Josy, ihre Mutter, andere Stimmen. Unausweichlich steuert alles auf den einen Abend zu und durch die Vielstimmigkeit kommt uns Josy immer näher: was sie fühlt und wie sie lernt, mit ihrem Drang umzugehen.
Die Autorin hat mit Josy eine Figur geschaffen, die uns als Gesellschaft den Spiegel vorhält. Wie gehen wir mit Menschen um, die etwas anders sind, anders denken und fühlen?
Ein sehr gelungenes und lesenswertes Debüt!

Vielen Dank, @andrea.liestundliest!

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