
In seinem neusten Werk Vom Glanz der alten Tage entführt der Kanadische Zeichner Seth den Leser in die Geschichte des Comics in seinem Heimatland. Zusammen mit ihm betritt er das Hauptquartier der „Great Northern Brotherhood of Canadian Cartoonists“ in einem altehrwürdigen Bau, dessen Fassade ein Flächenrelief mit dem „Who is Who“ der kanadischen Comicfiguren ziert. Nach einem kurzen Plausch mit dem diensthabenden Mountie, durchquert er die Haupthalle, in der Porträts kanadischer Zeichner von den Wänden hinabblicken, und betritt schließlich den Clubraum, in dem die Porträtierten noch vor einigen Jahren in kleinen Sesseln saßen und zeichneten, rauchten oder sich unterhielten.
Ganz nebenbei taucht der Leser immer tiefer in die Geschichte des kanadischen Comics ein. Er erfährt wir von einem Ur-Comic des Landes, der bereits 1760 gezeichnet wurde, einer Pulp-Comicreihe, deren Protagonist ein Eskimo-Astronaut ist, dem nur in Kanada verwendeten Nickelback-Format sowie dem Superhelden „Canada Jack“. All das erzählt Seth in dem für ihn typischen, leicht verwaschenen Blau-Grün, das an Tinte erinnert. Nur selten weicht er von dem Raster aus neun gleichgroßen Panels pro Seite ab. Oft lassen sich jedoch bei näherem Hinsehen mehrere Panels einer Seite zu einem größeren Bild verbinden. Ganz so, als würde der Leser einen Schritt zurücktreten von der wunderbaren Fabel, die er da erzählt bekommt.
Diese Momente des Innehaltens sind es auch, in denen leise Zweifel aufkommen? Ob es „Canada Jack“, den Eskimo-Astronauten und all die Zeichner, die dem kanadischen Comic zu seinem Glanz verhalfen, wirklich gab? Das kann jeder ohne viel Aufwand im Internet herausfinden. Letztlich ist es jedoch egal, denn Seths nostalgisch-melancholischer Blick zurück lässt einen wünschen, es habe die „Brotherhood“ tatsächlich gegeben.
Eine Leseprobe gibt es hier und hier.
(uf)
Seth: Vom Glanz der alten Tage. Wuppertal: EDITION 52. 2014. 136 Seiten. ISBN: 978-3-935229-15-9. 25,- Euro.