Herbstpost aus Wien – no risk no fun

So lautet schlicht und ergreifend die Verlagsphilosophie des 2005 in Wien gegründeten Metroverlags. Auch das Profil ist eine ganz klare Sache: Es geht um Österreich, spezieller und engmaschiger noch um dessen Hauptstadt, die von allen Seiten kulturgeschichtlich, literarisch, architektonisch, designmäßig und fotografisch beleuchtet wird. Es scheint, so viel Wien war noch nie. Die Herbsttitel reichen von dem Kultbuch Vintage Vienna über Wien in der Weltliteratur (Ein Walzer für die Liebe), dem Vienna Designguide bis zu Österreichs skurrilsten Orten (Das gibt’s doch nicht!).
Die programmatischen Reihen nennen sich Wienfacetten oder Wiener Kostbarkeiten in der Belletristik, zu denen Autoren wie Adolf Loos, Peter Altenberg und Hugo Bettauer zählen. Seit 2011 wird ebenfalls Gegenwartsliteratur verlegt. Als besondere und wichtige Sparte des Metroverlags hat sich das „Jüdische“ in Vergangenheit und Gegenwart entwickelt: Die Titel im Sachbuchbereich drehen sich ebenso um den jüdischen Witz und Humor, das jüdische Wien, die koschere Küche wie um Klischees und Vorurteile.

c_kaus_frontIn die heutige Auslage kommt das Buch Die Front des Lebens von Gina Kaus (1893–1985), die als eine der erfolgreichsten und produktivsten österreichischen Schriftstellerinnen der Zwischenkriegszeit gilt. Sie verkörpert in ihrem gesamten kritischen Tun und Schreiben den Typus der „Neuen Frau“.
1928 erschien der Roman zunächst in 81 Folgen in der Arbeiter-Zeitung, jetzt liegt im Metroverlag seine Erstedition vor. Gina Kaus beschreibt darin den Niedergang einer Wiener Bürgerfamilie. Das Vorwort stammt von Marlene Streeruwitz, einer Mitstreiterin von heute.

„In einer Hietzinger Villa gegen Ende des Ersten Weltkriegs: Die Witwe Renate Ebenstein muss sich entscheiden. Für eine zweite Vernunftheirat, für die zur Routine gewordene Liaison mit einem Arzt oder für einen vermeintlichen Verehrer, der ihr Sohn sein könnte. Das Ende hält eine große Überraschung bereit, bis dahin kämpft Ebenstein ums Überleben – um ihr eigenes und das ihrer Kinder. Das Geld zerrinnt ihr zwischen den Fingern, vom gesellschaftlichen Standing will sie dennoch nicht abrücken …
Die Front des Lebens ist heute aktueller denn je. Hemmungsloser Schönheits- und Jugendwahn, Finanzspekulation und Betrug bestimmen die Tagesordnung der Protagonisten.“ (Metroverlag 2014)

  • Gina Kaus: Die Front des Lebens. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Veronika Hofeneder. Wien: Metro Verlag 2014. 380 Seiten. 24,90 Euro