Zsolt Nagy Koppány, Mein Großvater konnte fliegen
Unter dem Titel mein großvater konnte fliegen sind im vergangenen Jahr in der Reihe Literatur der Edition Solitude Kurzgeschichten von Zsolt Nagy Koppány erschienen, die das Bemerken und Lesen wert scheinen – wie überhaupt die Publikationen der Akademie, von denen allen man sich wünschte, dass sie den schmucken Mauern des Schlosses Solitude entwischten, um draußen, wenn nicht einer – unwahrscheinlichen – multitude in die Arme zu laufen, so doch den Weg Einzelner zu kreuzen. So verhält es sich wohl auch, denn die meisten der älteren Bücher sind vergriffen.
„Natürlich habe auch ich Gefühle. Aber ich vermische sie nicht mit der Arbeit. Ich schreibe sie auf, in dieses Heft, so habe ich mich vor Kurzem entschieden. Hier kann ich mir die eine oder andere Anmerkung und Reflexion erlauben, kann nur für mich über meine Überwachten schreiben. Die Behörde interessiert es nicht, ob eine Frau wunderschön ist.”
Zsolt Nagy Koppány, mein großvater konnte fliegen
„Man ist bass erstaunt und hält die Luft an, angesichts der Welten, in die uns Zsolt Nagy Koppány mit seinen Geschichten entführt. Mit seinem kruden, männlichen Figurenpersonal beschwört der Autor archaische Zeiten und Bilder herauf. Lakonisch schildert er einen nächtlichen Auffahrunfall auf einsamer Landstraße, bei dem der verletzte Unfallverursacher keineswegs Hilfe erfährt, sondern stattdessen kurzerhand beseitigt wird.
Eine innige Verbundenheit mit seinen Hauptpersonen ist dem Erzähler nicht nur in der Geschichte über den „Lohnleser” Sebestyén anzumerken, der von seinen leseunwilligen Mitmenschen angeheuert wird, „damit er die – meistens anhand der Klappentexte ausgesuchten – Bücher für sie liest.””
(Text: Edition Solitude)
Zsolt Nagy Koppány, geb. 1978 in Marosvásarhely, Rumänien, lebt und arbeitet als Schriftsteller, Übersetzer sowie Sprach- und Literaturlehrer in Budapest.
János Térey, KaltWasserKult
Ein drittes und letztes Beispiel für das übersetzerische Engagement Monika Rincks und ihre teilnehmende Neugier auf die Arbeit der Kollegen.
„Gerda nahm den nächsten Zug zurück nach Dresden / und in der Eile vergaß sie ihr Tagebuch / auf dem Nachtschränkchen. Ein kleines / in Maroquin gebundenes Buch. Zwischen seinen / Seiten lagen nicht genutzte Lebensmittelkarten / Hätte sie es – purer Zufall – nicht dort liegenlassen / nichts wäre geblieben von ihr”
„János Térey ist ein Dichter, der sowohl in der Moderne als auch in literarischen Traditionen lebt und arbeitet; er liest, liest neu, zerpflückt und stellt Texte der Literaturgeschichte neu zusammen. […] János Téreys Schreibkunst zeichnet sich aus durch ein leises ironisches Spiel mit Wörtern und Bildern, in die er den Leser stets einbezieht. Seine Gedichte, so kunstvoll sie geschrieben und ins Deutsche übersetzt sind, haben eine lesefreundliche Oberfläche, die beim Rezipienten zugleich Spaß und Nachdenklichkeit erzeugt.
Bezüge zu Städten, durch die die Gedichte ‚reisen‘, finden sich immer wieder. Scheinbar wiederkehrende Personen und Orte, mit einer erstaunlichen Plastizität beschrieben, sind auch Teil des Spiels mit dem Leser; so bricht Térey die Linearität dieser Reisen und Charaktere auf.”
(Text: Edition Solitude)
János Térey, geb. 1970 in Debrecen, zählt zu den wichtigsten Stimmen der zeitgenössischen ungarischen Literatur. Erstmals in Deutsch erscheint in diesem Band eine Auswahl seiner Gedichte aus den Jahren 1991 bis 2006.
Bibliographische Angaben
Zsolt Nagy Koppány, Mein Großvater konnte fliegen. Mythen, Geschichten, Geschichte. Aus dem Ungarischen von Orsolya Kalász und Monika Rinck. 160 Seiten, Englische Broschur. Edition Solitude, Stuttgart 2012. 15,00 Euro
János Térey, KaltWasserKult. Gedichte. Aus dem Ungarischen von Orsolya Kalász, Gerhard Falkner und Monika Rinck. 148 Seiten, Englische Broschur. Edition Solitude, Stuttgart 2007. 15,00 Euro