Mit Hernán Ronsinos Letzter Zug nach Buenos Aires hat sich der bilgerverlag um den Preis der Hotlist beworben. Für den Herbst sind zwei weitere Bücher angekündigt: Verreist von Max Rüdlinger und Nach Berlin von Kaspar Schnetzler. Dies letzte ist schon da, das erste schickt sich an zu erscheinen.
Nach Berlin
„Kaspar Schnetzler erzählt die vermeintliche Liebesgeschichte zwischen einer Berliner Juristin und einem Zürcher Germanisten, die ihren Anfang im Jahre 1966 nimmt, als Wenzel Morgenthaler nach Berlin reist, um die Deutschen in ihrer Gegenwart mit ihrer Geschichte kennenzulernen.
Zwei Impulse treiben Wenzel Morgenthaler durchs Leben: Er weiss, dass er mit siebenundsechzig Jahren sterben wird wir alle Vorfahren väterlicherseits seit dreihundertfünfzig Jahren. Und er hat von der Mutter eine starke, von Theodor Fontane genährte Sehnsucht nach Berlin geerbt.
In Berlin trifft er die Juristin Hertha von Alvensleben, die mit einer prekären ostpreussischen Familiengeschichte belastet ist, Querflöte spielt und erstickt an der bürgerlichen Etikette.
Wenzel Morgenthalers Erkenntnis gipfelt darin, dass er als kleiner Schweizer weder der grossen deutschen Vergangenheit noch den Deutschen in seiner Gegenwart gewachsen ist. Hertha von Alvensleben ihrerseits erfährt erst spät, dass sie nicht die Tochter eines ostpreussischen Pastors, sondern eines Schweizer Melkers ist, der – wie viele Schweizer anfangs des letzten Jahrhunderts – aus dem Berner Emmental nach Ostpreussen auswanderte.“
(Text: bilgerverlag)
- Kaspar Schnetzler, Nach Berlin. Der Roman eines sehnsüchtigen Zürchers, der unter dem weiten preussischen Himmel traumwandelt und schliesslich im Emmental gebodigt wird. 502 Seiten, gebunden mit Lesebändchen. bilgerverlag, Zürich 2012. 28,00 Euro
Verreist. … ist ein unberechenbares Buch.
Wenn sich Max Rüdlinger in Kalabrien über feiernde Mafiosi beschwert, im spanischen Merindades fasziniert Stierkämpfen zuschaut, in Kalifornien sein höheres Selbst sucht, sich mit den Murmeltieren der Graubündner Alpen anlegt oder in London indisch essen geht, so ist auch der Geist des scheinbar wild denkenden Schauspielers in tragikomischer Manier unentwegt auf Reisen.
Unverrückbarer Kern der Notate ist Max Rüdlingers Humor. Es ist ein feiner, augenzwinkernder Humor, der das Banale und das Tiefsinnige miteinander verbindet und zu einem großen Ganzen formt. Max Rüdlinger, als Schauspieler „seit Jahren abonniert auf skurrile Bünzlis und verkrachte Sonderlinge“ (Der Bund), demonstriert damit nicht nur einen selbstironischen Umgang mit sich selbst, sondern auch mit dem gesamten Menschsein an sich.
[À propos selbstironisch: ein musikalisches Intermezzo mit Erika Stucky.]
Verreist ist mehr, viel mehr. Fünfzig Jahre nach Jack Kerouacs epochalem Roman On the road ist da einer immer noch unterwegs. Immer noch auf der Suche. Immer noch auf der Reise on the dark side of the moon. Der Erleuchtung ist es bekanntlich egal, wie man sie erreicht, das weiss auch Max Rüdlinger. Er schreibt ab: das Leben, sein Leben, er zitiert, Autorinnen und Autoren, Meister und manchmal auch Margeritas, er listet auf, Bücher, Sterne, Träume.«
(Text: bilgerverlag)
„Nach einem Glas Amarone bereits stellt sich die Frage, was eher stimmt: to do is to be oder to be is to do. Meister Zumthor präferiert das Machen, während ich das Sein voranstelle, obwohl auch mein Gewährsmann, Georg Ivanovich Gurdjieff, gesagt hat: Das Höchste, was ein Mensch erreichen kann, ist die Fähigkeit, zu tun. Was aber meint er mit tun? Bei genauem Hinsehen erweist sich, dass die meisten unserer Aktivitäten einfach passieren, auf einer automatischen Schiene ohne weitere bewusste Wahrnehmung einfach ablaufen. Frank Sinatra jedoch meinte: Dubidubiduuu!“
- Max Rüdlinger, Verreist. 192 Seiten, Broschur, 11 farbige Fotos. bilgerverlag, Zürich 2012. 20,00 Euro (Auflage 700, numeriert und signiert)